Eigentlich war mein Plan von Melbourne noch weiter Richtung Westen zu reisen und bis nach Adelaide zu kommen. Allerdings musste ich feststellen, dass ich mich falsch an den Greyhound-Bus Fahrplan erinnerte. Ich dachte, dass ich entlang der südlichen Küste bis nach Adelaide komme. Dies ist allerdings nicht der Fall und so stand ich plötzlich in Melbourne und musste mir einen neuen Plan ausdenken. Auf Facebook postete ich ein Gesuch nach einer Mitfahrgelegenheit zurück nach Sydney. Zu meiner Überraschung meldete sich nur kurz später der Australier Fletcher. Er schlug mir den Deal vor, dass ich sein Auto eine Woche lang kostenlos bekomme und es dafür nach Sydney fahre. Ich fand sein Angebot etwas zwielichtig, aber vereinbarte ein Treffen mit ihm. Als er mir die Tür öffnete war es zu meiner Erleichterung der gleiche Typ wie auf dem Facebook-Profil. Die große Überraschung sollte aber sofort danach kommen. Ich erfuhr, dass es nicht sein eigenes Auto war, sondern das Auto einer spanischen Backpacker-Freundin seiner australischen Ehefrau. Die Spanierin sei derzeit als Yoga-Lehrerin auf Bali tätig und hätte das Auto bei ihnen geparkt. Im Gegenzug dürften sie das perfekt ausgestattete Backpacker-Auto benutzen. Der Plan des Pärchens ist es damit um Weihnachten herum von Sydney zurück nach Hause nach Melbourne zu fahren und sozusagen meinen Ausflug in entgegengesetzter Richtung zu unternehmen. Das einzige was ihnen fehlte war ein "Depp", der ihnen das Auto nach Sydney fährt. Der Vorschlag einen Fahrer in einer Mitfahrgelegenheitsgruppe für Backpacker auf Facebook zu suchen kam wohl von der Spanierin selbst. Das war mal eine Geschichte!
Ich war ehrlich gesagt etwas skeptisch, aber mein Bauch hatte ein gutes Gefühl. In meinen schlimmsten Überlegungen malte ich mir aus, dass der alte Landrover mit Drogen voll war, die ich für Fletcher in einen anderen Bundesstaat fahren würde. Ich schlief eine Nacht darüber und willigte am nächsten Tag ein das Auto für ihn nach Sydney zu fahren. Als Absicherung verlangte ich jegliche Daten über die spanische Halterin, eine Kopie von Fletchers Personalausweis, alle Registrierungs- und Versicherungsdaten des Fahrzeugs und wir setzten noch einen kleinen Vertrag auf. Ob der vor Gericht standgehalten hätte war ich mir zwar unsicher, aber ich hatte zumindest etwas in der Hand. Fletcher wusste ja, wie seine Geschichte klingt, und war sehr entgegenkommend.
Da ich zwischenzeitlich für zwei Tage krank wurde, sollte für mich drei Tage nach der Autobeschau das neue Abenteuer losgehen! Der alte Landrover war perfekt ausgestattet: eingebaute Eckbank, die man zu einem Bett umfunktionieren konnte; Küchenzeile; Solaranlage: Camping Ausrüstung; Außenscheinwerfer; Seilwinde; Funkgerät...
Bevor ich jedoch Richtung Osten fahren sollte, mache ich noch einen Abstecher gen Westen und fuhr entlang der berühmten "Great Ocean Road". Durch die vielen Kurven gewöhnte ich mich ziemlich schnell an die linksseitige Gangschaltung und war überrascht, wie einfach es mir viel mit Links zu schalten. Ich besichtigte unter anderem die Felsformation der zwölf Apostel, die eigentlich nur acht in der Anzahl sind und es durch einen Zusammensturz eines Apostel aktuell nur noch sieben gibt. Mein idyllisches Foto trügt, da um mich herum es von tausenden Asiaten und Indern wimmelte.
Meine erste Nacht verbrachte ich irgendwo im Nirgendwo an einem kleinen Rastplatz am östlichen Ende der Great Ocean Road. Auf einem großen Schild war geschrieben, dass Camping und Übernachten verboten ist, aber zu mir gesellten sich noch insgesamt fünf andere Backpacker Autos oder Wohnmobile. Der Rastplatz war mit Toiletten, einem überdachten Kochbereich und Mülleimern ausgestattet. Natürlich ließ ich keinen Müll zurück und verließ den Ort wie vorgefunden. Das ist das Mindeste was man tun kann, wenn man schon verbotener Weise dort sein Lager aufschlägt. Als kleines Extra gab es in hundert Meter Entfernung noch einen öffentlichen Schwimmteich. Nach Aufwachen am nächsten Morgen ging ich natürlich eine Runde schwimmen.
Am zweiten Tag saß ich eigentlich nur im Auto und fuhr sozusagen wieder zurück nach Melbourne. Genauer gesagt auf die Insel Phillip Island. Dort wurden mir leider auf meiner App keine kostenlosen Campingplätze angezeigt und so buchte ich eine Nacht auf einem kostenpflichtigen Platz. Vorteil hierbei ist, dass man zwischendurch auch wieder in den Genuss einer Dusche kommt. Auf dem kleinen Platz fühlte ich mich pudelwohl! Ich parkte direkt an einem kleinen Teich und genoss die Sonne. Erst am zweiten Tag sollte ich dahinter kommen, warum mir es dort so gefiel. Es waren die Gesänge der Vögel! Die gefiederten Freunde zwitscherten nämlich die gleichen Melodien, wie ich sie von zu Hause aus dem Garten kenne. Für diese Erkenntnis habe ich allerdings etwas gebraucht. Außerdem wuchsen Gänseblümchen neben meinem Auto.
Dort auf dem Campingplatz sollte ich Mara (Deutschland) kennenlernen. Sie war gerade erst seit drei Wochen in Australien und hatte sich einen ausgebauten Van gekauft. Da wir beide eine Karte zur Pinguin Parade auf der Insel gekauft hatten, gingen wir zusammen ein paar kleine Gentlemen beobachten. Leider durfte man keine Fotos machen, da dies die Tiere verschrecke. Allerdings gibt es Fotos zum Herunterladen auf der Webseite des Parks. Die sind wahrscheinlich sowieso tausendmal besser als Fotos, die man im Halbdunkel versucht zu schießen. Wir warteten mit wahrscheinlich tausend anderen Schaulustigen auf den Sonnenuntergang, denn das ist die Zeit zu der die Pinguine von der Jagd zurück kommen. Es war sehr schön in der Stimmung nach dem Sonnenuntergang hunderten Pinguinen dabei zuzusehen, wie sie zurück in ihre Nester hüpften.
Mara und ich beschlossen für die nächsten Tage einen Autokonvoi zu bilden, da wir beide in die gleiche Richtung unterwegs waren. So war unsere nächste Station, wieder zurück auf dem Festland, der Wilsons-Promontory Nationalpark. Dort verbrachten wir zwei Nächte und genossen die Natur bei einer kleinen Wanderung. Außerdem kochten wir zusammen und hatten dabei tierische Unterstützung. Ein Wombat kam uns dabei besuchen und kurze Zeit später auch ein paar kleine, rote Vögel, die mich an Papageien erinnerten. Da Mara und ich mal ihren Van von A bis Z auf den Kopf stellten, fanden wir auch noch eine alte Nähmaschine. Was die Vorbesitzerin so alles dabei hatte. Außerdem bekamen wir Hilfe von unseren australischen Nachbarn, die uns Schrauben und Akku-Schrauber liehen, um die Heckklappenabdeckung von Maras Auto zu reparieren.
Es ging nach den zwei Nächten weiter die Küste entlang. Dabei wurden wir auch von der Polizei angehalten. Allgemeine Alkohol- und Drogen-Kontrolle. Ich war etwas nervös, aber mein Auto hatte ich davor ja auf versteckte Fracht untersucht. Im Endeffekt war es ein einfacher Alkoholtest, den ich natürlich mit null Promille bestand. Allerdings unterlief mir dabei ein Fehler mit dem Autofenster auf meiner Fahrerseite. Fletcher hatte mich noch vor dem kaputten Motor in der Tür gewarnt und mir gesagt, dass ich ja nicht das Fenster runterkurbeln sollte. Als allerdings ein Polizist vor meiner Scheibe stand reagierte ich instinktiv und fuhr das Fenster komplett herunter. Naja...auf dem nächsten Supermarkt-Parkplatz musste ich dann die halbe Autotür demontieren, um am Ende das Fenster MacGyver-artig zu reparieren. Ein Stück Holz wurde an den Schraubenzieher mit Klebeband befestigt und damit konnte ich eine Zahnradführung wieder in die richtige Position biegen und das Fenster fuhr wieder nach oben. Es sollte nicht die letzte, technische Komplikation auf unserem Abenteuer bleiben...
Die nächsten Stationen waren alle nicht übermäßig spektakulär, aber wir hatten eine gute Zeit. Bis zu dem Zeitpunkt, als wir eines Tages zum Mittagessen anhielten. Wir kochten wie gewohnt und als wir weiter fahren wollten, sprang Maras Auto nicht mehr an. Wir versuchten, mehr aus Verzweiflung, es zu überbrücken - ohne Erfolg. Da es Sonntag war und wir alles versuchen wollten, bevor wir am Wochenende einen teuren Abschleppdienst anriefen, sprengten wir einen Geburtstag eines vierjährigen Mädchens im Park. Dort sprachen wir die feiernde Gesellschaft and und siehe da, ein älterer Herr wollte sich mal Maras Auto anschauen. Er konnte auf Anhieb auch nichts Offensichtliches erkennen und meinte, dass ich mir mal den Hammer schnappen sollte und unter das Auto kriechen solle. Dort kitzelte ich dann den Anlasser, während er probierte das Auto zu starten. Abrakadabra - Maras Auto lief wieder! Wir bedankten uns überschwänglich bei unserem Retter und konnten unser Tagesziel erreichen. Neben den Problemen beim Start des Autos mussten wir auch noch ständig Öl nachgießen und so hielten wir des Öfteren mal an. Mara hat die Schnauze voll und wird das Auto höchstwahrscheinlich weiter verkaufen.
Wir fuhren noch gemeinsam bis Batesman Bay und dort trennten sich unsere Wege. Mara fuhr weiter nach Canberra und ich lieferte das Auto in Sydney, bei Freunden der Spanierin, ab. Eine schräge Geschichte, wie ich an das Auto kam, aber nicht alle Menschen in der Welt wollen einem was böses. Mein Bauchgefühl lag richtig. Allerdings kommt vielleicht noch ein Strafzettel. Ich bin in Melbourne aus Versehen auf die gebührenpflichtige Autobahn gefahren, da ich bei Google Maps vergessen hatte die "Keine Maut"-Option zu aktivieren. Mir ist es sofort aufgefallen und ich fuhr die erste, mögliche Ausfahrt wieder runter. Wir werden sehen, ob es noch ein Weihnachtsgeschenk aus Australien gibt...
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